Abschied und Neuanfang im Kirchenkreisjugenddienst

Nachricht 30. Dezember 2022

Diakon*innen-Trio verlässt Jugenddienst 2023 - ein Interview mit Frauke Laging, Ingo Jaeger und Rielana Sundermeier

KIRCHENKREIS (miu). Im neuen Jahr beginnt im Kreisjugenddienst (KKJD) des Kirchenkreises Grafschaft Diepholz ein neues Kapitel. Mit Frauke Laging, Ingo Jaeger und Rielana Sundermeier verlässt nicht nur das Leitungs-Trio den Arbeitsbereich – es sind auch drei Charaktere, die die Jugendarbeit in der Region mit ihrer Persönlichkeit, Kreativität und mit vielen ungewöhnlichen Angeboten geprägt haben. Ihre interaktiven Jugendprojekte mischten die Gemeinden im Kirchenkreis auf. Der inklusive Workshop-Tag „Normal ist anders“ begrüßt jedes Mal die bekanntesten Influencer*innen, Musiker*innen und Stars der Szene, die mit den Teilnehmenden arbeiten. Die modernen Jugendgottesdienste und Aktionstage wie der „Kinderkirchentag“ werden sehr gut angenommen. Und das KKJD-Angebot für Kinder- und Jugend-Freizeiten im In- und Ausland ist riesig.

Die Diakon*innen selbst haben in all den Jahren viele Rollen übernommen. Sie sind Organisator*innen von Großprojekten und persönliche enge Bezugspersonen gewesen, haben innovative Neuheiten ausprobiert und klassische kirchliche Rituale und christliche Werte weitergegeben, waren Showtalente und Seelentröster*innen.

Nun wollen alle drei als Vollzeit-Diakon*innen in die Kirchregionen gehen, in denen sie leben und schon lange anteilig arbeiten. Und freuen sich auf Nachfolger*innen, die die lebendige KKJD-Arbeit nicht nur übernehmen, sondern auch selbst neue Wege gehen möchten.

Das Abschiedsinterview

Rielana Sundermeier, Frauke Laging, Ingo Jaeger – was war für Sie selbst das Wichtigste und Schönste an Ihrer Arbeit im KKJD?
Jaeger: Die Evangelische Jugend wäre nix ohne Ehrenamtliche. Am spannendsten ist, dass man viele von ihnen so lange kennt. Sie sind als Kinder mit uns auf Freizeiten gefahren, haben danach eine Teamer-Ausbildung gemacht und sind mit uns älter geworden. Es gibt eine Reihe von Leuten, die ich vor 20 Jahren kenngelernt habe, mit denen ich all diese Schritte gegangen bin und heute immer noch zusammenarbeite.
Am allerschönsten waren für mich immer die Gruppenleitungsgrundkurse für die Jugendleiter*innen-Card (JuLeiCa). Da kommen nur die zusammen, die motiviert sind und was wollen. Das aufzugeben, fällt mir am schwersten.

Sundermeier: Dass man die Jugendlichen in ihrem Leben begleitet und gefühlt alles mitbekommt. Und die Freizeiten sind immer eine ganz besondere Zeit.
Laging: Gemeinsam verreisen, etwas Neues erleben, sich in einer Gruppe kennenlernen und zusammenraufen und am Ende gar nicht mehr nach Hause wollen – Freizeiten sind Ausnahmesituationen, bei denen ich so viel über mich, über meine Nächsten, über Gott erfahren kann. Das prägt und bleibt. Ein ehemaliger Teilnehmer klopfte mir neulich auf die Schulter und sagte: „Ich bin Lehrer geworden und verstehe erst heute, was Du damals für eine harte Zeit mit uns allen hattest.“ Aber für mich war es nie hart oder anstrengend. Denn das Gemeinschaftsgefühl, die Verbindung untereinander und die Erlebnisse auf diesen Reisen sind großartig

Was war schwer, was waren für Sie die Schattenseiten?
Laging: Mitzuerleben, wenn Kinder und Jugendliche, die viele Jahre mit auf Freizeiten gefahren sind oder sich als Teamende engagiert haben, als Erwachsene in ihrer Kirche kein Zuhause mehr finden. Ich bin froh, dass diese Zielgruppe seit meiner eigenen Jugend viel mehr in den Mittelpunkt unserer Arbeit gerückt ist.
Jaeger: Bis vor 15 Jahren durften wir einfach nur arbeiten. Dann wurden die rechtlichen Auflagen immer größer. Wir sind verpflichtet, für alles Konzepte zu schreiben, Führungszeugnisse vorzulegen, die Zuschuss-Anträge wurden immer komplizierter, die Bürokratie nahm unglaublich zu... Dadurch geht so viel Zeit weg, die wir viel besser für die direkte Jugendarbeit hätten einsetzen können.
Sundermeier: Da stimme ich zu. Es geht so viel Zeit dadurch verloren, dass man Förderanträge schreiben oder Freizeiten abrechnen muss.

Im kommenden Jahr verlassen Sie alle drei den Arbeitsbereich. Wie kommt’s?
Sundermeier: Im Zuge des Regionalisierungsprozesses wurde in der Region Sulingen eine Regionaldiakon*innen-Stelle geschaffen. Für mich fügte sich alles zusammen. Mein Partner fing hier in Sulingen als Pastor an, und weil ich ja sowieso schon mit einem halben Stellenanteil in der Kirchengemeinde Sulingen angebunden bin, habe ich gedacht: Dann kann ich ja auch die Regionaldiakonin werden.
Laging: In unseren drei Diepholzer Kirchengemeinden kann durch Einsparungen eine der Pfarrstellen nicht wiederbesetzt werden. Weil mir meine Gemeinde sehr am Herzen liegt und ich sie nicht unversorgt sehen wollte, habe ich mich für eine Zusatzausbildung als Prädikantin entschieden, um Gottesdienste zu halten, das Abendmahl einzusetzen und Trauungen und Bestattungen durchführen zu können.
Jaeger: Als die Region Mitte zusammensaß, um über Stellenplanung für die Zukunft zu sprechen, waren die Fragen: Wie können die Gemeinden inhaltlich enger zusammenarbeiten? In der Jugendarbeit findet man gut einen gemeinsamen Nenner, das war schnell klar. Die zweite Frage war: Wie können wir den Pastor*innenmangel ausgleichen, der durch das Fehlen von Fachkräften in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen wird? Mit anderen Professionalitäten. So kam die Idee, einen Regionaldiakon anzustellen, der die Konfirmanden- und Jugendarbeit in den Gemeinden initiiert und zusammenführt. Dadurch können Pfarrstellen entlastet und inhaltlich anders besetzt werden. Weil ich ja schon eine 1/3-Beauftragung für die Kirchengemeinde Lemförde habe, war die Stelle an meine Person gekoppelt. Und mein Ziel war es sowieso, mit ungefähr 50 den KKJD zu verlassen.

Was werden Sie wo ab wann genau machen?
Laging:  Ich werde ab Januar zusammen mit meinen Pfarrkolleg*innen Menschen in ihrem Leben begleiten und noch mehr Gottesdienste feiern als bisher. Ich übernehme einen Seelsorgebezirk und werde in St. Nicolai Kasualien wie Trauungen und Beerdigungen machen, aber auch weiterhin für Kinder und Jugendlichen da sein.
Sundermeier: Ich werde ab Januar im neuen Gemeindeverband Sulinger Land die Hauptansprechpartnerin für Konfi- und Jugendarbeit sein.
Jaeger: Meine Stelle als Regionaldiakon ist zwar offiziell schon eingerichtet, ich werde sie aber erst besetzen, wenn die Nachfolge im KKJD steht. Das wird spätestens am 1. September sein, weil eine der Stellen dann mit einer Kollegin besetzt wird, die momentan noch im Anerkennungsjahr ist. Sollte sich auf die andere Stelle jemand bewerben, der oder die schon vorher anfangen kann, dann gehe ich schon früher raus. Das lässt sich angesichts des Fachkräftemangels aber momentan ja noch nicht so einschätzen. Darum plane ich etappenweise. Ich bleibe mit einem Drittel im KKJD, um das Wichtigste zu machen und den Laden am Laufen zu halten. Mit einem Drittel bleibe ich in der Dümmer-Region. Und mit dem restlichen Drittel steige ich schon mal in die Gemeinden Rehden, Wetschen und Barver ein.

Wird es offizielle Verabschiedungen geben?
Sundermeier: Meine Verabschiedung wird beim nächsten Kirchenkreisjugendkonvent am 4. März in Diepholz sein.
Laging: Ich wollte keine Verabschiedung, sondern eine Begrüßung: Ich werde am 15. Januar um 10 Uhr in der St. Nicolaikirche in einem regionalen Gottesdienst in meinen Dienst als Prädikantin eingeführt.
Jaeger: Ich möchte eine Staffelstab- oder Schlüssel-Übergabe machen, wenn meine Nachfolge da ist.

Wie geht’s mit dem KKJD weiter?
Jaeger: Wir sind sehr glücklich, dass trotz aller Sparzwänge bei der Kirche der Jugenddienst seine Stellenanteile komplett behalten wird. Der Kirchenkreis war sich einig, dass Jugendarbeit wichtig ist und nichts reduziert werden soll. Die beiden halben Stellen von Rielana und Frauke werden zu einer ganzen Stelle. Und auch meine Stelle als Kreisjugendwart ist bereits ausgeschrieben.

Was geben Sie ihren Nachfolger*innen mit auf den Weg?
Sundermeier: Unsere Nachfolger*innen erwartet ein Kirchenkreis, der Jugendarbeit sehr wichtig findet. Gut ist auch, dass die neuen Kolleg*innen nicht bei Null anfangen müssen, wenn es um die Suche nach ehrenamtlich Mitarbeitenden geht. Wir haben so viele aktive Jugendliche, das ist ein Geschenk. Der Jugendkonvent, die vielen Teamer*innen und JuLeiCa-Gruppenleiter*innen gehen ja nicht gleich weg, nur weil wir drei gehen.
Jaeger:  Es ist eine Riesenchance, einen gut funktionierenden Arbeitsbereich zu übernehmen, in dem man zu zweit neu anfangen kann. Man muss nicht in vorhandene Strukturen stapfen, sondern kann sich komplett neu entwickeln. Man hat aber auch die Vorgänger noch im Kirchenkreis, kann nachfragen, um Ratschläge und Hilfe bitten und kollegial zusammenarbeiten. Und wir arbeiten im Kirchenkreis wirklich gut und wertschätzend miteinander. Deswegen bin ich mir sicher: Wer immer kommt, wird hier Freude haben. Und hoffentlich genauso lange und gerne dableiben wie wir.

Miriam Unger