„Unsere Aufgabe ist es, bei allen Entscheidungen die Auswirkungen aufs Klima zu bedenken“

Im Interview: Rainer Ausborn ist Agraringenieur und engagiert sich u.a. im Umwelt- und Nachhaltigkeitsausschuss für mehr Klimaschutz in unserem Kirchenkreis

Rainer Ausborn (58 Jahre) aus Sulingen ist der aktivste ehrenamtlich engagierte Mitarbeiter in unserem Kirchenkreis. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Kirchenkreisvorstands, Vorsitzender des Finanz- und Stellenplanungsausschusses der Kirchenkreissynode, Mitglied des Kirchenverbandsvorstands sowie des Umwelt- und Nachhaltigkeitsausschusses der Kirchenkreissynode. Privat ist er verheiratet, Vater von zwei erwachsenen Kindern, Agraringenieur und Geschäftsführer eines Verbands, der für die Gewässerunterhaltung zuständig ist.

Lieber Rainer Ausborn, welchen Stellenwert hat der Klimaschutz momentan in unserem Kirchenkreis?
Einen ganz hohen. Und Klimaschutz muss für uns als Kirche in all seinen Aspekten auch in den nächsten Jahren ein vorrangiges Thema bleiben. Denn der Klimawandel bedroht die Schöpfung. Er gefährdet die Lebensgrundlagen der Menschen hier und in anderen Teilen der Welt und bedroht viele Tier- und Pflanzenarten in ihrer Existenz. Die Gefahr ist groß, dass unsere Erde aus dem Gleichgewicht gerät. Ich bin dankbar, dass das Hilfswerk „Brot für die Welt“ bei der letzten Weihnachtssammlung einen starken Akzent auf das Thema globale Klimagerechtigkeit gelegt hat. Der CO2-Ausstoß der Industrie- und Schwellenländer ist nach wie vor sehr hoch. Und die Folgen sind leider oft in besonderem Maße von denen zu tragen, die selbst wenig zum Klimawandel beigetragen haben.

Welche Möglichkeiten hat eine Organisation wie die Kirche außer einem energieeffizienten Gebäudemanagement, um aktiv dem Klimawandel entgegenzutreten?
Die Kirche kann als Akteur auf die Meinungsbildung in der Gesellschaft einwirken und dazu beitragen das Bewusstsein für das Problem zu verstärken. Durch eine energieeffiziente Bewirtschaftung ihrer zahlreichen Gebäude kann sie außerdem selbst einen erheblichen Beitrag zur Minderung des CO2- Verbrauchs leisten. Auch als Grundstückseigentümerin von öffentlichen Grünflächen und Friedhöfen, von land- und forstwirtschaftlichen Flächen trägt sie Verantwortung für klimarelevante Aufgaben wie Artenschutz und Biodiversität.

Was tut unser Kirchenkreis schon auf dem Gebiet Klimaschutz?
Wir haben die Kirchengemeinden in den letzten Jahren bereits im Rahmen von Sanierungen im Gebäudebestand durch Mittel aus dem Bauhaushalt und aus Sonderprogrammen der Landeskirche zur energetischen Sanierung unterstützt. Seit einiger Zeit gibt es den Umwelt- und Nachhaltigkeitsausschuss der Kirchkreissynode, der bisher schwerpunktmäßig mit den Möglichkeiten zur Minderung des Energieverbrauchs unserer Gebäude befasst war. Auf Basis von Vorjahresverbräuchen konnten erste Einschätzungen für Einsparpotentiale entwickelt werden. Aktuell ist geplant, alle Gebäude im Kirchkreis von einem qualifizierten Energieberater nach einem einheitlichen Verfahren untersuchen zu lassen, um zügig geeignete Maßnahmen mit Energiespareffekt zu ermitteln. Für die Umsetzung in den einzelnen Gemeinden wird es Zuschüsse des Kirchenkreises geben. Der Kirchenkreisvorstand hat es sich insgesamt zur Aufgabe gemacht, bei allen Entscheidungen die Auswirkungen auf das Klima zu bedenken.   

Ist das aus Ihrer Sicht genug?
Aus heutiger Perspektive müssen wir erkennen, dass wir auch in der Kirche noch früher und konsequenter die Aspekte des Klimaschutzes hätten berücksichtigen müssen. Ich befürchte, dass den meisten Menschen die Dramatik des Klimawandels bisher nicht ausreichend bewusst war. Eine gewisse Hilflosigkeit hinsichtlich der eigenen Möglichkeiten, einen positiven Beitrag leisten zu können, spielen hier wohl ebenso eine Rolle wie letztlich auch die eigene Bequemlichkeit. Die spürbaren Auswirkungen des Klimawandels und die Wahrnehmung unserer Energieabhängigkeit im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine haben nochmal vielen gezeigt, dass wir unseren Energie- und Ressourcenverbrauch insgesamt hinterfragen müssen.
Daher gilt auch für alle unsere Kirchengemeinden, dass sie ganz genau hinschauen müssen, wo der Energieverbrauch noch gesenkt werden kann. Die Landeskirche prüft derzeit die Möglichkeiten der eigenen Stromerzeugung auf den Dächern der Kirche. Es wäre wünschenswert, dass hier die rechtlichen und steuerlichen Voraussetzungen zur Nutzung geeigneter Dachflächen bald geschaffen werden würden.


Was erwarten Sie von den Gemeinden, Einrichtungen und Arbeitsbereichen in unserem Kirchenkreis in den nächsten Monaten?Energie- und Klimasensibilität auf allen Ebenen. Ich wünsche mir zunächst die Bereitschaft und das Engagement aller Beteiligten, dass wir den Gebäudebestand nach energetischen Gesichtspunkten schnell sanieren können. Es wäre toll, wenn wir hier auch Jugendliche und junge Leute gewinnen könnten, um Überzeugungsarbeit zu leisten und zum Beispiel konkrete Maßnahmen wie regelmäßige Verbrauchsermittlungen und Verbrauchsanalysen durchzuführen. 
Im Hinblick auf kirchliche Liegenschaften würde ich mir wünschen, dass wir unsere Friedhöfe zu Orten herausragender Biodiversität entwickeln würden. Friedhöfe sind wichtige Orte des Gedenkens und der Ruhe, und das werden sie auch bleiben. Aber ich hoffe, dass sich in der einen oder anderen Gemeinde Gruppen finden, die Freude an der gemeinschaftlichen Weiterentwicklung der Friedhöfe haben.

Miriam Unger