„Es geht um bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“

Nachricht 04. Oktober 2023

Mitarbeitendenversammlung im Kirchenkreis Diepholz beschäftigt sich mit Unterstützungsmöglichkeiten für Kolleg*innen, die Angehörige pflegen

DIEPHOLZ (sfr/miu). Was passiert, wenn meine Eltern, mein Partner oder mein Kind plötzlich pflegebedürftig werden? Wie kann ich so eine Herausforderung neben meiner Arbeit und meinem eigenen Leben rein organisatorisch überhaupt stemmen? Welche Unterstützung steht mir zu? Und wie sieht die rechtliche Situation aus, wenn ich mehr Zeit für die Pflege benötige? Fragen, die sich viele der knapp 700 festangestellt Mitarbeitenden im Kirchenkreis Grafschaft Diepholz während ihres Lebens wahrscheinlich schon einmal gestellt haben oder noch stellen werden. Darum hat die Mitarbeitendenvertretung (MAV) des Kirchenkreises das Thema auf die Tagesordnung ihrer letzten Mitarbeitendenversammlung gesetzt.

MAV-Vorsitzender Ralf Vullriede begrüßt 170 Kolleg*innen im Gemeindehaus St. Michaelis in Diepholz. Nach einer Andacht von Diakon Jörg Brand (Barnstorf) und einem Grußwort von Michael Steinmeyer (Pastor in Wagenfeld und stellvertretender Superintendent im Kirchenkreis Grafschaft Diepholz) geht’s gleich mit dem Hauptthema los.

Heinrich Harms, Pflegeberater bei der AOK, ist als Referent eingeladen. In seinem Vortrag „Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“ informiert er darüber, welche finanziellen und rechtlichen Unterstützungsmöglichkeiten es für die Pflege von nahen Angehörigen gibt. „In einem Akutfall kann man jährlich bis zu zehn Tage vom Arbeitgeber freigestellt werden und bekommt Lohnersatzleistungen. Dieses Recht gilt ab 01.01.2024“, erklärt Harms. „Bei einer Pflegezeit von bis zu sechs Monaten ist es möglich, ein zinsloses Darlehen zu bekommen. Dies ist verlängerbar bis maximal 24 Monate. Arbeitnehmer*innen haben außerdem einen Kündigungsschutz für die Dauer der Pflege. Die Pflegezeit kann auf mehrere Personen aufgeteilt werden. Dabei gilt es aber zu beachten, dass eine Gesamtzeit von 24 Monaten nicht überschritten werden darf.“

Harms informiert über Pflegeunterstützungsgeld, Hilfen wie kostenfreie Pflegekurse und Leistungen der eigenen sozialen Absicherung. Er erklärt das Familienpflegegesetz und unter welchen Voraussetzungen Arbeitnehmer*innen einen Rechtsanspruch auf Freistellung oder Stundenreduzierung haben.

Anschließend stellt sich die MAV in ihrer aktuellen Besetzung vor. Die Mitglieder kommen aus verschiedenen Orten und Arbeitsbereichen im Kirchenkreis Diepholz. Neben dem Vorsitzenden Ralf Vullriede (Sozialpädagoge und Leiter der Jugendwohngruppe in Diepholz) und seiner Stellvertreterin Sarah Frerking (Sozialarbeiterin im Diakonischen Werk Diepholz-Syke-Hoya) gehören zum MAV-Team Petra Tinnemeyer (Küsterin in Barnstorf), Jörg Brand (Diakon in Barnstorf), Ursula Cybik (Pfarramtssekretärin in Diepholz), Gabriele Hartjen (Erzieherin und stellv. Leiterin der Kindertagesstätte Hemsloh), Sabine Heitmann (Haus- und Familienpflegehelferin in der Sozialstation Barnstorf), die Gleichstellungsbeauftragte Katrin Moser (Kirchenkreissozialarbeiterin in Syke), der Sicherheitsbeauftragte Heino Klausing (Pfleger der Außenanlagen im KiTa-Verband Grafschaft Diepholz), Elena Stüven (KiTa-Leiterin in Diepholz), die Beauftragte für Schwerbehinderte Nadine Spoeter-Winkelmann (Krippenleiterin in Lemförde) und Jutta Göhlert-Rießelmann (Heilpädagogin und Fachberatung Integration).

In seinem Arbeitsbericht gibt Ralf Vullriede Einblicke in die alltäglichen Aktionsfelder der MAV: „In den letzten Monaten drehten sich viele Anfragen von Mitarbeitenden um die tariflichen Änderungen. In den Gemeinden und Einrichtungen im Kirchenkreis gibt es viele verschiedene Arbeitsbereiche und Berufsgruppen, die entsprechend auch in unterschiedlichen Tarifsystemen arbeiten. Von daher ist nicht alles für alle gleich. Für diejenigen, die nach TVöD bezahlt werden, gab es bereits eine Lohnerhöhung und Inflationsausgleichzahlung. Für Mitarbeitende nach TVDN und TV-L ist das noch in Verhandlung. Wir hoffen dort auf baldige Abschlüsse.“

Sarah Frerking berichtet über die Pläne der MAV, sich mehr zu digitalisieren. Im MAV-Bereich auf der Homepage des Kirchenkreises (http://www.kirchenkreis-diepholz.de/kirchenkreis_kkdh/mavsollen bald mehr arbeitsrechtliche Informationen und Rechtsgrundlagen zum Herunterladen zu finden sein.

Ein weiteres Thema sind die Jahresgespräche, die laut einem Beschluss der Landeskirche alle Leitungspersonen im Kirchenkreis mit ihren Mitarbeiter*innen führen sollen. „Diese Gespräche sind vertraulich und nicht Teil der Personalakte. Die Arbeit soll darin wertschätzend betrachtet, Entwicklungsmöglichkeiten und Ressourcen erkannt und die grundsätzliche Kommunikation gestärkt werden. Daher sind Jahresgespräche unabhängig vom Alltagsgeschehen anzusetzen und nicht etwa als Krisengespräch“, führt Sarah Frerking aus. „Am Ende werden Ziele vereinbart, und auf dieser Grundlage kann dann das nächste Gespräch stattfinden.“ Weitere Informationen und Unterlagen zur Vorbereitung sind unter www.jahresgespraeche.de zu finden.

Ralf Vullriede geht noch auf den Verkauf der Sozialstation Diepholz an das Seniorenhaus Anna Magareta ein. „Es gibt Überlegungen, mit der dortigen Mitarbeitervertretung eine gemeinsame MAV zu bilden. Dazu ist noch die Zustimmung der jeweiligen Leitungen und die Mehrheit der Mitarbeitenden nötig.“ Eine Abfrage in der Versammlung ergibt das Feedback, dass die MAV diese Option weiter verfolgen soll.

Zum Schluss gibt es „Standing Ovations“ für Ralf Vullriede, für den es die letzte Mitarbeitendenversammlung als MAV-Vorsitzender ist. Ende des Jahres wird er in Rente gehen. Seine Stellvertreterin Sarah Frerking übernimmt dann den Vorsitz.

Sarah Frerking und Miriam Unger