08. August 2020

Wort zum Sonntag

am 8. August 2020

In der Kreis Nienburger Tageszeitung „Die Harke“ findet sich am 27.06.2020 unter der Überschrift „Kirchen laufen die Mitglieder davon“ ein Bild, das leere Stuhlreihen in der großen Marktkirche in Hannover zeigt, lediglich zwei  der vielen Stühle sind besetzt – noch vor der Corona-Pandemie – wie ausdrücklich festgestellt wird.

In der Wochenpost vom 4. Juli stellt Superintendent Marten Lensch fest, „Arbeit der Kirche vielleicht wichtiger als jemals zuvor“, beklagt aber: „Kirchenkreis verliert rund zwei Prozent seiner Mitglieder.“

PD Dr. Hilke Rebenstorf vom Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD stellt in einem Referat im September 2019 auf der Tagung der Evangelischen Akademie Loccum „Faktoren des Kirchgangs“ fest, Kirchengemeinden seien in einem „Spagat zwischen parochialer Grundversorgung (gemeint ist damit die personelle und finanzielle Ausstattung) und immer neuen Angeboten unter zunehmend prekärer werdenden Bedingungen.“

Vor dem Hintergrund mehrerer Studien zum Kirchenbesuch kommt sie zum ernüchternden Ergebnis, es sei für Gemeinden vergebliche Liebesmüh, neue Zielgruppen erschließen zu wollen. Gottesdienste würden vor allem von Menschen besucht, die sich den Kirchen verbunden fühlten und sich für religiöse Fragen interessierten.

Im Bereich der katholischen Kirche werden vor allem ausbleibende Reformen für den Mitgliederschwund verantwortlich gemacht. Den evangelischen Kirchen ginge es aber trotz Reformen wie Frauenordination, Einbindung von Laien in den Verkündigungsdienst, demokratische Rechte von Synoden und Kirchenvorständen nicht viel besser.

Oft wird – die Situation beschönigend - an das bekannte Wort Albert Schweitzers erinnert, dass man ja kein Kirchenmitglied sein müsse, um christlich zu glauben.

Im Augenblick scheint es angeraten, eine gewisse Ratlosigkeit einzuräumen und zu fragen:

Warum nur interessiert die christliche Botschaft von Glaube, Liebe, Hoffnung, vom Leben in Fülle, auch über den Tod hinaus, immer weniger? Wieso empfinden so wenige unsere Gemeinden, die Gottesdienste anziehend? Ist gegen den Mega-Trend der Säkularisierung womöglich kein Kraut gewachsen!

Also doch ein echter Glaubensverlust, ein Gottesverlust? Es ist ja längst nicht so, dass die Menschen wutschnaubend aus der Kirche austreten, weil sie sich an diesem oder jenem Punkt der christlichen Lehre stören. Das würde Reibung, würde ja noch Interesse bedeuten.

Nein, in unseren Zeiten regen sich immer weniger Menschen über die Kirchen auf, einer Mehrheit sind sie egal.

Sich das einzugestehen, ist schmerzhaft und traurig – aber Realitätsverweigerung hat noch nie weitergeholfen!

Helfen könnte vielleicht ein Blick auf die ersten christlichen Gemeinden.

Im 2. Kapitel der Apostelgeschichte schreibt der Apostel Paulus in den Versen 44 bis 47:

„Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam. Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte. Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.“

Radikal hört sich das an, hat aber dazu geführt, dass ich allen Leserinnen und Lesern heute im Namen Gottes ein gesegnetes Wochenende wünschen darf.