Die Würde der Tiere ist unantastbar?

10. Juni 2023

Wort zum Sonntag

Pastorin Gesa Junglas, Foto: privat

am 10. Juni 2023

Biblische Notizen zur Grillsaison

Unsere Haustiere gehören zu meinem Leben. Sie sind vielleicht nicht so vollwertige Familienmitglieder wie die Kinder, aber sie haben einen Namen und einen Impfpass. Wir tragen Verantwortung für sie. Wir reden mit ihnen, und wir kennen sie als besondere Persönlichkeiten. Kein Hund gleicht schließlich dem anderen! Sie haben eine Erkennungs-Marke, denn wenn sie verloren gehen, wollen wir ja nicht irgendeine Katze zurück haben. Sondern die eine, die uns vertraut ist: Unsere.

Warum gilt unsere Empathie nicht auch den Nutztieren, die wir essen? Wer schon einmal direkten Kontakt zu einem Huhn, einem Rind oder einem Schwein hatte, weiß, dass auch diese Tiere Persönlichkeiten sind. Unverwechselbar, jedes einzelne! Warum gehen wir so unterschiedlich mit Tieren um? Gibt uns der Schöpfungsauftrag Gottes, die Erde zu behüten und zu bewahren, das Recht dazu? Schließlich wurde er früher so übersetzt: Macht euch die Erde untertan!

Um es gleich zu sagen: Biblisch ist keine eindeutige Antwort zu finden, ob es dem Menschen erlaubt ist, Tiere zu töten, um sie zu essen. Gegeben hat es das immer. Allerdings kannte die Bibel keine Massentierhaltung und keinen so hohen Fleischkonsum, auch keine Schlachtindustrie. Fleisch wurde an Festtagen verzehrt. Tiere sind in der Bibel unsere Mitgeschöpfe: Der Mythos der Schöpfungsgeschichte erzählt, dass die Landtiere am selben Tag wie wir erschaffen wurden. Alle - Mensch und Tier - haben den göttlichen Lebenshauch in sich. Das gibt den Tieren Würde, genau wie den Menschen. Es macht sie lebendig und einmalig. Nur die Ebenbildlichkeit Gottes ist dem Menschen vorbehalten: Damit überträgt Gott ihm Verantwortung für die ganze Schöpfung.

So haben die Tiere als unsere Mitgeschöpfe ihren eigenen Sinn und Wert in sich. Tiere können nicht allein auf ihren Nutzwert für den Menschen reduziert werden! Im Gegenteil: Wir tragen Verantwortung für ihr Wohlbefinden. Unser Herrschaftsauftrag hat sich jedoch in Ausbeutung verwandelt. Die Unterscheidung von Haustier und  Nutztier? Ist künstlich. Stattdessen wäre ein geschwisterliches Verhältnis zu allen Tieren aus biblischer Sicht angemessen.

Sie ahnen es schon: Ich esse keine Tiere. Aus Respekt: Weil sie ihre eigene Würde haben. Denn warum sollten unsere Mitgeschöpfe für mich getötet werden, obwohl ich auch so lecker und gesund satt werde?

Ihre Gesa Junglas
Springerpastorin für den Kirchenkreis Diepholz und Beauftragte für Notfallseelsorge