Nikolaus

02. Dezember 2023

Wort zum Sonntag

Frauke Laging Diakonin im Kirchenkreis Diakonin in St. Nicolai, Diepholz Foto: Jantje Ehlers

am 2. Dezember 2023

Einer der schönsten Tage in der Adventszeit ist für mich der Nikolaus-Tag! Der Bischof von Myra, der sich für die Menschen in seiner Hafenstadt eingesetzt und sich besonders um die Kinder gekümmert hat, zeigt uns, wie wir die Welt verändern können: durch Uneigennützigkeit, Nächstenliebe, Solidarität, miteinander teilen und dadurch, dass wir Schweres zusammen (er)tragen.

Ich finde: Nikolaus ist ein echtes Vorbild und es ist wichtig, dass wir von ihm erzählen. Und so stelle ich mir vor, dass der Bischof in diesem Jahr auch zu den Erwachsenen kommt. Aber der Nikolaus-Sack ist leer und es ist viel Platz darin für Dinge, die wir sonst niemals als Geschenke hineinlegen würden…

 „Moin“, sagt Nikolaus, „dieses Jahr bringe ich nichts, dieses Jahr nehme ich etwas mit.“

„Ach, so ist das“, entgegne ich, während ich ihn bereits an einem Zipfel seines Umhangs durch den Windfang in das Haus lotse.

„Moment“, protestiert der Bischof schwach, „willst du nicht erst darüber nachdenken?“

Ich schüttle den Kopf und schaue ihn erwartungsvoll an. Er überreicht mir den gefalteten Jutesack.

„Warte hier.“ Mit diesen Worten lasse ich ihn im Flur stehen und mache mich auf meinen Weg durch die Zimmer.

Die verkohlte Pfanne vom missglückten Kochversuch wandert als allererstes in den Sack. Ich schiebe das kaputte Heizungsrohr nach, das mir mit seinem ständigen Tropfen auf die Nerven geht.

Irgendwie fühle ich mich schon jetzt erleichtert. Das ermutigt mich, größer zu denken. Ich sammle alle Desinfektionsmittel und Corona-Tests ein und werfe sie in den großen Jutebeutel – damit will ich dieses Jahr nichts mehr zu tun haben. In Windeseile greife ich mir noch alle schlechten Nachrichten und stopfe sie hinterher. Der Sack scheint ein unfassbares Fassungsvermögen zu haben.

Ich sehe Nikolaus hinter mir ungeduldig von einem Bein auf das andere treten und beeile mich, ihm seinen Jute-Sack zurück zu geben.

„Du weißt, was zu tun ist?“, frage ich ihn vorsichtig.

Nikolaus nickt. „Ich versteh dich schon, aber ich weiß nicht, ob das so auch funktioniert...“

„Du hast versprochen, dass du etwas mitnimmst. Also bitte, jetzt nimm auch.“

Nikolaus grinst mich an. Er wuchtet den schweren Sack über die Schulter, hebt die Hand zum Gruß und lässt sich von mir die Haustür öffnen.

"Nächstes Jahr gibt's wieder Nüsse und Mandarinen." brummelt er im Gehen, aber ich sehe ihm an, dass er mit meiner Wahl ganz zufrieden ist. Ich merke, dass er mir trotzdem etwas dagelassen hat. Ich merke es, weil meine Schultern leichter sind, mein Rücken gerader und meine Gedanken heller. Dieses Jahr ist zwar keine Schokolade im Stiefel, dafür aber jede Menge Hoffnung.

Frauke Laging, Diakonin, St. Nicolaikirchengemeinde Diepholz