am 14. Juni 2025
Für einige Jahre habe ich im Gymnasium Religion unterrichtet. Einmal sprach ich in der sechsten Klasse über die Trinität – über die Dreieinigkeit Gottes. Ich malte ein Dreieck ans Smartboard, schrieb „Vater“, „Sohn“ und „Hl. Geist“ dazu und kreiste als Zeichen der Einheit das Dreieck ein. Ein Mädchen meldete sich und sagte: „Aber Herr Lensch, Sie müssen doch zugeben, dass das alles sehr danach aussieht, als hätten Menschen das erfunden.“
Das Mädchen hat fein analytisch den Finger in die Wunde gelegt. Wenn wir Menschen etwas beschreiben wollen, was jenseits unserer Vorstellungskraft ist, dann suchen wir Bilder oder andere Hilfsmittel, um besser zu verstehen. Und dabei wissen wir: Es sind nur unzureichende Annäherungen oder Konstruktionen, weil das, was sie beschreiben sollen, noch viel größer und ganz anders ist. So ist es bei den Wundergeschichten unserer Bibel – bei der Menschwerdung Gottes zu Weihnachten, bei der Auferstehung, bei dem Wunder der Sündenvergebung, der Himmelfahrt und natürlich auch bei der Dreieinigkeit.
Die Menschen haben Gott auf vielfache Weise erfahren: als Schöpfer dieser Welt, als Jesus – also als Mensch, der Liebe und Vergebung Gottes auf die Erde bringt – und als Kraft, die Glauben und Gemeinschaft schenkt. Diese Kraft nennen sie den Heiligen Geist. Schöpfer, Mensch und Geist – so erfahren die Menschen Gott. So ganz unterschiedlich, so vielfältig und so bunt. Trotzdem sind sie sich sicher: Alle Erscheinungsweisen sind nur ein Gott –nicht drei Götter. So entwickelte sich die Idee der Trinität – die drei Personen in einem Gott. Im Laufe der Geschichte wurde dann noch viel darüber diskutiert, wie sich Vater, Sohn und Hl. Geist untereinander verhalten. Aber mir ist das nicht so wichtig. Das muss ich nicht verstehen. Es reicht, wenn Gott weiß, wie er ist.
Aber ich finde es wunderbar, dass Gott so vielfältig für uns Menschen ist – dass er uns in unseren Lebenssituationen passend anspricht, dass er uns das Leben schenkt, uns liebevoll begegnet, unseren Glauben stärkt, uns tröstet und so viel mehr. Gott ist viel weiter, größer, bunter und wunderbarer, als wir Menschen es beschreiben können.
Diese Buntheit Gottes feiern wir am Sonntag mit dem Fest Trinitatis – wir feiern, dass Gott ein Gott für uns Menschen ist – für jede und jeden von uns.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie jeden Tag ein bisschen von Gott in Ihrem Leben entdecken können.
Ihr Marten Lensch,
Superintendent im Kirchenkreis Grafschaft Diepholz