Klare Worte, wahre Worte

12. November 2022

Wort zum Sonntag

Reinhard Thies; Foto: privat

am 12. November 2022

Am morgigen Sonntag finden an vielen Orten Gedenkfeiern anlässlich des Volkstrauertages statt. In diesem Jahr geht es dabei nicht nur um das Erinnern an die Schrecken der beiden Weltkriege. Auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wird bei den Reden an den Denkmälern sicherlich oft erwähnt werden.

Eine Ursache und zugleich eine Folge von Krieg ist, dass die Wahrheit unter die Räder kommt. Das war vermutlich schon immer so. Diesen Eindruck habe ich zumindest, wenn ich die Worte vom Propheten Jesaja lese. Sie wirken auf mich ganz aktuell, dabei sind sie schon über 2500 Jahre alt: „Weh denen, die Böses gut und Gutes Böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen.“ (Jesaja 5,20)

Ich denke in diesen Tagen bei solchen Sätzen an die russische Regierung. Sie verharmlost die katastrophalen Folgen und redet von einer kleinen militärischen Spezialoperation. Ständig neue Lügen werden aufgetischt. Und zugleich wird alles dafür getan, dass die Menschen nur diese Lügen mitbekommen.

Mir kommt aber auch der vorherige Präsident der USA in den Sinn mit seinen alternativen Fakten. Auch er verbreitet Lügen, zum Beispiel von der betrogenen Wahl, und hetzt damit die Menschen gegeneinander auf. Das hat zur Folge, dass das Land tief gespalten ist.

Doch ich muss nicht nur ins Ausland schauen. Auch bei uns wird die Wahrheit viel zu oft verdreht. Und nicht zuletzt das Internet bietet für viele einen Raum, wo Böses als gut erklärt wird und Gutes als böse.

Also Grund zum Resignieren? Wird alles immer schlimmer?

Ich bin zuversichtlich, dass sich die Wahrheit gegen die Lüge letztlich durchsetzen wird. Damals war es Jesaja mit seiner Anklage, der nicht einfach vor der Lüge kapitulierte. Er kritisiert nicht verschiedene Meinungen oder den Streit um die bessere Lösung. Er wendet sich jedoch dagegen, dass die Wahrheit geleugnet wird, um mehr Macht zu bekommen, mehr Geld, ohne Rücksicht auf andere.

Damals war es Jesaja, heute sind es viele andere, die sich für die Wahrheit einsetzen. Menschen, die nicht schweigen, selbst wenn es mit Nachteilen verbunden ist, die Wahrheit zu sagen oder vielleicht sogar gefährlich.

Ich wünsche uns deshalb klare Worte, die das ans Licht bringen, was unterzugehen droht. Klare Worte auch an den Denkmälern, damit die Opfer der Kriege nicht vergessen werden.

Reinhard Thies, Pastor in Barenburg und Varrel